up it goes!

Wir sind in Langar und haben etwas zittrige Knie. Denn ab hier wirds hart. Das haben wir von anderen Velölern gehört. Schlechte Strasse, stotzig, keine Läden und wenig Sauerstoff. Also machen wir uns parat. Und kaufen noch schnell den Dorfladen leer.

Langar ist auf 2800 m.ü.M. Alles noch herrlich grün und tagsüber ziemlich heiss. Die letzten paar Tage dem Panj entlang haben einige hübsche Fotomotive geboten. Immer noch liegt Afghanistan auf der anderen Seite des Flusses und immer wieder haben wir Sicht auf spektakuläre Berge im Hindukusch. Langsam aber stetig sind wir mit dem Fluss aufgestiegen und durch viele kleine Dörfer gefahren. Sobald es irgendwo ein bisschen flach ist, legen die Leute kleine Felder an, die sie von Hand bearbeiten. Die Dorflädeli bieten keine grosse Auswahl, aber genug um uns zu verpflegen. Und fast jeden Tag haben wir auch ein paar Tomaten oder Gurken gefunden. 70 Kilometer vor Langar ist der Asphalt zu Kies geworden. Allerdings immer noch gut fahrbar.

Nun sind wir also in Langar und campieren auf einem Feld hinter einem Gasthaus. Es ist flach, hat Bäume und wir können Toilette und sogar eine Dusche im Haus benutzen. Es fühlt sich ein bisschen an wie ein Campingplatz in Europa. Und mit unseren drei Zelten sieht es auch fast so aus. Wir beschliessen, einen Ruhetag zu machen und noch einmal an der Wärme unsere Fahrräder, Zelte, Wasserfilter etc. zu warten. Und den Dorfladen leer zu kaufen.

Ab hier verlassen wir nämlich das Tal und fahren rauf in die Berge. Uns erwarten 100 km Schotterstrasse, wobei es 70 km rauf geht. Von 2800 auf 4300 m.ü.M. Und dann sollten wir wieder auf der M41 sein, dem offiziellen Pamir-Highway. Zwar hoch oben, aber asphaltiert. Wir rechnen mit drei bis vier Tagen für diese Strecke. Denn wir haben gehört, die Strasse sei so steil und in so schlechtem Zustand, dass man grose Teile schieben müsse. Wir sind gespannt. Und etwas panisch. Wenigstens ich.

Und dann packen wirs an. Direkt im Dorf beginnt sich die Strasse in Haarnadeln den Hang hinauf zu winden. Mit uns ist noch eine Gruppe von 20 Motorradfahrern gestartet. Die meisten überholen uns recht locker. Die etwas weniger geübten bleiben allerdings ziemlich bald einmal in steilen Passagen im Geröll stecken. Wir schwitzen und schnaufen, schieben ab und zu ein paar kurze Passagen und treffen uns irgendwann mit brennenden Lungen oben, wo es etwas flacher wird. Die ersten paar hundert Höhenmeter liegen hinter uns. Kurz und schmerzhaft. Und mehr Sauerstoff gibt es ab jetzt nicht mehr.

Am ersten Abend campen wir auf 3500 m.ü.M und uns geht es allen gut. Kühl, windig und etwas regnerisch. Aber keine Kopfschmerzen. Schon mal nicht schlecht. Der nächste Tag wird nicht mehr so steil, dafür ziemlich sandig. Aber immer noch fahrbar, wenn auch stellenweise mit ziemlichem Kraftaufwand. Etwa auf 3800 m.ü.M erwischts den ersten von uns. Den jüngsten. Sean hat Kopfschmerzen und ihm ist etwas übel. Wir diskutieren, ob wir den Pass noch heute machen wollen. Zeit hätten wir, es ist noch früh. Beim Militär-check-point auf 3900 m.ü.M geht es Sean aber so schlecht, dass klar ist, dass wir nicht weiter aufsteigen. Wir wollen noch einen Kilometer ins Tal hineinfahren, um dort zu zelten.

Doch noch bevor wir den gewünschten Platz erreichen, stehen wir mitten im Schneesturm. Es chuttet wiene Moore und wir schaffen es knapp mit vereinten Kräften das Zelt aufzustellen. Ich bin völlig durchfroren, hüpfe in meinen Schlafsack und komme für den Rest des Abends nicht mehr raus. Zum Glück ist Roman so herrlich kälteresistent. Er kocht, macht Tee, wäscht das Geschirr im Bach und filtert literweise Wasser, damit wir Trinkwasser haben.

Der Aufstieg zum Pass am nächsten Tag geht dann recht zügig. Die Strasse ist nicht mehr sandig und auch kaum noch steil. Alles viel einfacher als erwartet. Vielleicht ist diese freudige Überraschung der Vorteil der Pessimistin? Wir sind jedenfalls auf 4300 m.ü.M und uns geht es allen tiptop. Sean und Angelo gönnen sich ihr Bier, das sie extra zu diesem Anlass hier hinaufgeschleppt haben. Und dann gehts runter. Allerdings nicht allzu weit. Der tiefste Punkt der nächsten Tage ist 3600, der höchste 4600 m.ü.M.

Die Hochtäler, durch die wir fahren, sind atemberaubend schön. Tiefblaue Flüsse schlängeln sich durch zartgrüne Ebenen, Schafe und Yaks versuchen sich mit dem wenigen Gras ihre Mägen zu füllen. Und ab und zu treffen wir auf ein Dorf.

Die erste Nacht nach dem Pass sind wir froh um ein warmes Zimmer und checken in einem kleinen Gasthaus ein. Also, eigentlich ist es wohl das Wohnhaus der Familie. Zwei Räume, ein kleiner Tisch und ein mit trockenem Mist beheizter Ofen. Die Familie schläft wohl bei Nachbarn. Hoffen wir jedenfalls. Wir bekommen eine warme Suppe und sind mehr als zufrieden. Die Toilette besteht aus einem kleinen Häuschen hinter dem Haus mit zwei Löchern im Boden. Darunter befindet sich eine tiefe Grube. So geht das hier.

An den Wind müssen wir uns wohl gewöhnen. Er bläst konstant durch diese Hochtäler und kühlt mich nachhaltig aus. An die Höhe haben wir uns bereits gewöhnt. An die Qualität der Lebensmittel werden wir uns wohl nicht gewöhnen. Der Reis, den man in den kleinen Läden kaufen kann, schmeckt nach nassem Hund. Und die Teigwaren verwandeln sich beim kochen in einen schleimigen Klumpen. Und natürlich ist alles, was wir kaufen, längst abgelaufen. Wir sind umgestiegen auf chinesische Instant-Nudeln. Mit gebratenen Zwiebeln. Aber wir solten hier nicht zu arg klagen. Schliesslich sind wir ein paar Wochen hier. Die Menschen hier leben permanent unter diesen Umständen.

Und trotzdem geniessen wir nun den Ruhetag in Murgab. Einquartiert in einer Jurte vor einem Hotel. Einem Hotel mit warmer Dusche! Und Mayonnaise, Bier und Gemüse gibts im Lädeli und auf dem Basar. Also alles bestens soweit.

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