Nachdem wir die letzten Monate nur braun in verschiedenen Schattierungen gesehen haben, freuen wir uns über das erste zarte Grün und sogar blühende Bäume je weiter wir in den Norden vorstossen. Und sobald wir nicht mehr in der Wüste sind, schlägt auch die iranische Neugier und Gastfreundschaft, zusätzlich verstärkt durch Noowruz, wieder voll zu. Aber alles der Reihe nach.
In Isfahan dürfen wir am Flughafen morgens um vier Uhr meinen Vater, Aline und Christoph in die Arme schliessen. Ein etwas übermüdetes und chaotisches Wiedersehen, da vor dem Ausgang des Flughafens einige Dutzend Iranerinnen und Iraner auf ihre Verwandten warten, die für Noowruz (das iranische Neujahr) in ihre Heimat zurückkehren.
Sowieso hat uns Noowruz die letzten Tage recht intensiv beschäftigt. Wie bei uns vor Weihnachten herrscht auch im Iran bereits ein paar Wochen vor Noowruz Ausnahmezustand. Alles muss blitzblank sauber geputzt sein, überall werden Blumen gesetzt, die Haare müssen adrett geschnitten werden und neue Kleider werden angeschafft. Und dann sind da noch all die symbolträchtigen Gegenstände, die für Noowruz in jeder Wohnung stehen. Unter anderem ein Glas mit einem Goldfisch als Symbol für das Leben. Was dazu führt, dass es nur so wimmelt von übervollen Aquarien in den Strassen. Und von Kindern, die den Fisch im wassergefüllten Chräschliseckli heimtragen dürfen.
Was uns aber am meisten tangiert, ist die Reiselust rund um Noowruz. Die Leute haben zwei Wochen Ferien und nutzen diese für ausgedehnte Reisen durch das ganze Land. Was sich massiv auf das Verkersaufkommen niederschlägt. Auch wir reisen von Isfahan nach Yazd mit dem Bus und wollen uns dort auf die Velos schwingen. Roman und ich haben unsere Drahtesel sowieso dort stehen lassen und sind per Bus nach Isfahan gereist um die drei neuen Mitglieder unserer Velo-Gang abzuholen. Es wird uns aber nahegelegt, doch nicht am 21. März zu starten. Dies ist nämlich der erste Tag des neuen Jahres. Und die Einheimischen erzählen mit grossen Augen vom Chaos, das an diesem Tag auf den Strassen herrsche. Wir fahren also einen Tag später los.
Vor uns liegt wohl eine der einsamsten Strecken, die wir bisher gefahren sind. Nichts als Wüste, Einöde und schnurgerade Strassen. Laut unserer Recherche, sollten wir aber meist einmal täglich an einem Dorf oder zumindest einer Möglichkeit unsere Wasserreserven aufzufüllen, vorbeikommen. Wir wissen nicht, wie die Strassen ausserhalb der Ferienzeit aussehen, sind aber doch recht überrascht von all diesen mit Menschen und Gepäck vollbeladenen Autos, die mit uns durch diese karge Landschaft fahren. Wir finden jeden Abend recht mühelos schöne Campingplätze und auch Dani, Aline und Christoph sind schnell im Zäutlimodus drin.
Was wir allerdings nicht erwartet haben sind die Wetterkapriolen. Im Westen des Landes werden nach Starkniederschlägen ganze Landstriche geflutet und 30 Menschen kommen bei diesem seltenen Naturereignis ums Leben. Bei uns in der Wüste ists zwar nicht ganz so dramatisch, dass wir aber in voller Regenmontur durch vegetationsloses Gelände fahren ist aber doch etwas speziell. Auch für die Iranerinnen und Iraner. Wir werden immer wieder von besorgten Reisenden und Polizisten darauf aufmerksam gemacht, dass es gefährlich sei neben Flüssen wegen der «flood».
So arg wird es aber nicht und wir finden sogar zwei hübsche Gasthäuser, die uns vor zwei schlammigen Nächten bewahren. Als positiver Nebeneffekt des ganzen fängt nun sogar die Wüste an zu blühen. Mitten im Sand stehen da plötzlich kerzenartige Pflanzen mit hübschen, gelben Blüten und im schottrigen Boden finden wir neben den dornigen, dürren Büschen plötzlich tiefrote, gelbe und orange tulpenähnliche Blumen.
Wir hangeln uns von Dorf zu Dorf, bzw. Oase zu Oase weiter, kämpfen ab und zu mit Gegenwind und Sandstürmlein und bemerken irgendwann, dass es rund um uns etwas grüner wird und sich Felder ausmachen lassen. Wir haben wohl den Rand der Wüste erreicht. Üppig ist die Vegetation noch lange nicht. Aber unsere Augen freuen sich doch ob dem zarten Grün. Und mit der Vegetation nimmt auch die Zivilisation zu. Immer öfter passieren wir ein Dorf und immer öfter werden wir für Fototermine angehalten. Nach einer Nacht bei einer iranischen Familie machen wir uns auf in die Berge und werden von einem wunderschönen Bach überrascht, der sich der Strasse entlang durch das kurvige Tal hinunterfliesst. Sowas haben wir schon lange nicht mehr gesehen!
Und zu allem Überfluss blühen nun auch überall Obstbäume in herrlichem Weiss und Rosa. Der Frühling liegt definitiv in der Luft.